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Kurioses am Rande
Zum Thema "Anrede" schickte uns Lisa Ohnmacht folgende bemerkenswerte Sonderlichkeit:
Wol euch ihr Leut!
 
Erst mal muss ich sagen, dass ich auf dem Gebiet ziemlich neu bin und somit nicht weiß, ob mein Beitrag irgendeinen Wert hat.
 
Ich weiß nur, dass meine Großmutter in dem Nest Neusiedl in Süd-Mähren aufgewachsen und fast 90 Jahre alt geworden ist. Selbst als die Familie in den 50ern nach Stuttgart kam, hat sich der beachtliche Dialekt meiner Großmutter nie geändert.
 
Meine Großmutter redete ihre Schwiegermutter damals mit "es" an. Das "Sie" war ihr wohl zu vornehm und zu hoch, das "du" war ihr aber zu niedrig, da sie ja sonst mit der Schwiegermutter auf einer Stufe gestanden wäre. Was bleibt da noch übrig? Ein es!!
 
Meine Großmutter fragte ihre Schwiegermutter des öfteren "Habt's es...?"
Hierzu kamen inzwischen mehrere Zuschriften (Ganz lieben Dank), dieses Phänomen ist gar nicht so selten. In einigen Gegenden ist diese Anrede (eher bei älteren Leuten) noch anzutreffen.
Des Rätsels Lösung:
Was bei der Großmama wie "es" klang, meinte "Ihrs" – und ist folglich ein "ihrzen", das bis ins dritte Jahrtausend hinein überlebt hat. Eine Höflichkeitsform, die in diesem Fall für vertraute Personen Anwendung fand und sich vom distanzierten "Sie" für Fremde unterschied.

 

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Hajo Dreyfuß
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